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Saarbrücker Zeitung vom 23./24. Januar 2010


Schneeflitzer von Hand gemacht

Paul Wagner aus Neunkirchen baut Schlitten - Der 80-jährige hat unterschiedliche Modelle im Angebot

Schlitten gehören zu den ältesten Gefährten des Menschen. Erfahren im Bau von Schlitten ist der 80-jährige Neunkircher Paul Wagner. Er ist Leiterbauer und fertigte in der kalten Jahreszeit, wenn die Nachfrage nach Leitern nachließ, Schlitten an. Auch heute kann man bei ihm noch selbstgemachte Schlitten kaufen.

Von SZ-Mitarbeiter Gerd Meiser

Neunkirchen. Übereinandergestapelt lagern etliche Holzschlitten, die auch Davos-Schlitten heißen und sich einsitzig, zweisitzig, dreisitzig und auch als Bob präsentieren, in der Werkstatt von Paul Wagner und Michael Kläs in der Neunkircher Marktstraße. Hörnerschlitten sind in kleinerem Format, als sie die Alpenbauern zum Heu-Transport benutzen, zu bewundern.
Während bei den Holzschlitten die ruhige, gelblich-braune Farbe des Buchen- oder Eschenholzes den Ton angibt, türmen sich in vielfältiger Farbenpracht auch Kunststoffschlitten in allen Bauvariationen und mit schillernden Namen wie Snow Shuttle de Luxe, Crazy Bowl, Snow-Swing-Teller oder Snow Future. Sogar ein Rodler für Menschen mit Behinderung ist dabei. Hier kann eine Begleitperson, stehend hinter dem sitzenden Schlittenbenutzer mitfahren.

Spaß am Hang

Für den 80-jährigen, rüstigen Paul Wagner ist der Schlittenbau ein Stück Lebensgeschichte. Geprägt ist die Handwerksarbeit der Wagners aus einer Jahrhunderte alten Familien-tradition. Denn schon um 1600 waren die Wagners, damals als Schmiede, in Neunkirchen ansässig. Legionen von begeisterten Schlittenfahrern haben in alten Zeiten Wagner-Schlitten als Transportmittel und in jüngeren Zeiten als Sportgerät an saarländischen Hängen benutzt.
"Bis vor wenigen Jahreh haben wir noch den Kaufhof, andere Großkaufhäuser und auch den Einzelhandel mit Schlitten beliefert", erzählt Paul Wagner. Der Kaufhof habe beispielsweise bis zu 500 Schlitten abgenommen. Allerdings sei der Preis für die Schlitten knapp kalkuliert gewesen. "Wenn wir 50 Pfennige an einem Schlitten verdient haben, dann war das viel", rechnet der Schreiner, Stellmacher und Kaufmann. Deshalb habe auch der Bau eines Schlittens fast im Akkord durchgeführt werden müssen. An diesem Morgen baut der 80-jährige einen 90 Zentimeter langen Davos-Schlitten, bestehend aus zwei Kufen, zwei Böcken, zwei 86 Zentimeter langen und drei 67 Zentimeter langen Latten, den beiden Abstützeisen nebst den beiden Kufen und der Zugstange in maximal 10 Minuten zusammen. Er verarbeitet in Minutenschnelle gut und gerne 30 Schrauben. Die Einzelteile sind heute gekauft.
"Früher haben wir alles selbst angefertigt. Nicht, weil es viel zu verdienen gab, sondern weil wir im Winter die Mitarbeiter beschäftigen wollten. Wir haben früher doch niemand im Winter entlassen, auch wenn das Hauptgeschäft, der Leiter- und Gerüstbau im Winter ruhte", berichtet Wagner und ergänzt. "Welcher Handwerker kauft schon im Winter Leitern und Gerüste?"

Restholz verwendet

In alten Zeiten wurden im Winter aus dem Restholz, nach dem Bau von Leitern, die Schlitten gebaut. "Wir haben auch die sogenannten Schwaden, Abfallholz aus den Sägewerken, verarbeitet." Das Holz wurde zugeschnitten für Kufen und Latten. Vier bis viereinhalb Stunden wurden mit drei bis vier Atü allein die Kufen im Dampf, nicht zu nass, gebogen", erklärt der Schlittenbauer. Danach musste das gebogene Holz ein Jahr trocknen, ehe es im November des darauffolgenden Jahres zum Schlittenbau benutzt werden konnte. Eine Dampfbiegemaschine erleichterte damals schon die Arbeit, wie wohl Wagner auch die Zeit kennt, in der alles am Schlitten reine Handarbeit war. Dann aber halfen die Maschinen. Zur Dampfbiegemaschinen kamen eine Vielblattsäge, eine vierseitige Hobelmaschine, die Fräsmaschine. "Da steht sie", sagt Wagner mit einem traurigen Unterton und zeigt auf die alten Maschinen, "niemand will sie mehr." Zur Ausstattung gehören auch noch Stemmmaschinen, die die Stemmlöcher in die Böcke stemmen. "Es wurde kein Leim benutzt und auch nicht mit dem Hammer zugeschlagen, sondern gepresst", schildert der Schreiner die Feinheiten, die zum Schlittenbau dazugehören.

"Natürlich mussten wir auch noch die Bleche, die an den Kufen oder an den Stützen sind, selbst biegen. Das musste alles schnell, schnell in der Schlosserei geschehen. Da haben wir selbst im Winter gut geschwitzt", erinnert sich der Stellmacher. Bis zu 400 Schlitten wurden in zehn Stunden an einem Tag fertiggestellt. "In diesem Winter gebaut, damit die Leute Arbeit hatten und im nächsten Winter verkauft. Gab es im nächsten Winter keinen Schnee, saßen wir buchstäblich auf den Schlitten. "Rekordwinter war der Winter 78/79, da hatten wir 11 500 Schlitten hergestellt", erinnert sich Paul Wagner.
"Doch den Preistreibern der Großindustrie und vor allem den Billigländer konnten wir kleinen Betriebe nicht mehr mithalten", bedauert der sympatische Schreinermeister. Heute führt Großneffe Michael Kläs die Familientradition der Wagners fort, immer noch gut beraten von Großonkel Paul Wagner.

gm